Fragen?

Freitag, 16. September 2016

Über Feuer und Leere.

Vor einigen Jahren, ich war vielleicht vierzehn, sprachen wir im Religionsunterricht über Hobbies. Ein Gespräch, welches mir bis zum heutigen Tag im Kopf geblieben ist – präsenter als Mitose, Ableitungen und rhetorische Mittel zusammen. Generell habe ich aus besagtem Religionsunterricht sehr viel Brauchbares mitgenommen.Wer, der nicht getreu der Bibel lebt, hätte das von solch einem, pardon, überholten Unterrichtsfach erwartet. In anderen Religionskursen gibt es allerdings mit großer Wahrscheinlichkeit auch keinen Lehrer (seines Zeichens pensionierter Pfarrer), der Klausuren über "Gran Torino" schreiben lässt und mit einer Horde halbstarker Teenager einen Ausflug in die JVA unternimmt. Man kann sagen, dass dieser Unterricht etwas besonderes war.
Wir sprachen also über Hobbies, der Lehrplan war schon lange vergessen. X erzählte vom Reitunterricht, Y davon, dass sie seit ihrem fünften Lebensjahr Geige spielt. Erfolgreich und ambitioniert.
Beides Attribute, die ich nicht unbedingt zur Beschreibung meiner eigenen Person nutzen würde. Nicht, dass ich nicht erfolgreich bin oder sein kann – auch wenn ich oft das Gefühl habe gänzlich untalentiert zu sein – das glaube ich noch nicht einmal. Was mir fehlt ist Leidenschaft. Das ominöse Feuer, von dem so oft die Rede ist. (ohyeah, wieder mal den Pathos bedient)
Wir sprachen also über Hobbies und wie diese zustande kommen. Wie Hobbies sich zu Leidenschaften weiterentwickelten und es immer noch tun. Darüber, dass Hobbies nicht immer Spaß machen ("oookay?", dachte sich mein vierzehnjähriges Ich) und ob Eltern ihre Kinder zu Hobbies drängen dürfen oder sogar sollten –  um ihr Durchhaltevermögen zu stärken. Und auch Jahre später, obgleich meine Freizeitgestaltung schon lange bevor mich der Staat für volljährig deklarierte, nicht mehr in den Händen meiner Eltern lag, geht mir diese Unterhaltung nicht aus dem Kopf. Die Essenz – nicht der Fakt oder die Frage, was meine Eltern womöglich falsch gemacht haben könnten.
Wieso gab es in meinem Leben nie Hobbies, an denen ich festhielt? War mir nie etwas wichtig genug, um am Ball zu bleiben? Und weshalb bin ich eigentlich die personifizierte Inkonsequenz? Wieso haben alle etwas wofür sie brennen, was ihnen eventuell sogar liegt? Und warum haben jene Menschen, die ebenso wenig Passion aufbringen können wie ich, nicht so ein großes Problem damit? Ist das alles nur Schein? Oder liegt das Problem ganz woanders? Ist das Ganze viel mehr ein Symptom als die Wurzel des Übels? Nur die Spitze des Eisberges.
Alles ist bloß ein halbherziger Versuch. Ein bisschen Herumprobieren dort, ein bisschen Austesten da. Unendliche Vergleiche, Unzufriedenheit, Aufgeben, Leere, Geplänkel im seichten Wasser, maximal eine zweite Chance, dann wieder Leere. Leere, die immer wieder zurückkehrt und mehr belastet als die unerträglichste Fülle. In einer Welt voller selbstkontrollierten und verkrampften Gestalten verliere ich die Kontrolle über mich selbst. Und fahre den Karren nur noch tiefer in den Dreck des Ich-Kosmos. Aus dem ich vermutlich erst rauskomme, wenn ich aufhöre mir selbst und meinem Ego so viel Wichtigkeit zuzuschreiben.

Ändere doch was, es liegt in deiner Hand. Du kannst die Leere eliminieren, sie mit wunderbaren Dingen füllen. Du kannst Dinge erschaffen oder anderen Menschen helfen, glaub mir, das ist so erfüllend! Es liegt an dir, wer du bist, alles eine Sache der Einstellung. Sei die beste Version deiner Selbst. Du musst dir in den Arsch treten. Du musst bloß einmal den Schalter in deinem Kopf umlegen.

Wo ist er denn, der verdammte Schalter?

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